Hercules / DKW P1-505 P (Bundeswehr Ausführung)

Moped Fragen

Vorwort

Wer die P1-505 P täglich benutzen darf, kann leicht nachvollziehen, warum sich die Bundeswehr für dieses Moped entschieden hat. Die Hauptaufgabe als "Kasernenmoped" war wohl der schnelle Transport auf den großen Liegenschaften für Stammsoldaten. Obwohl die Hercules optisch fast einer M2 oder Prima 2 entspricht, wird das Zweirad mit einer angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h und durch die Pedale als Moped angesehen. Im zivilen Bereich reicht also keine Mofa-Prüfbescheinigung aus.
In diesem Artikel schildere ich persönliche Erfahrungen und technische Besonderheiten der P1-505 P.

Hercules Moped
Ein solides Moped mit 1,8 PS.

Technische Daten

Es gab zwar auf dem zivilen Markt eine Hercules P1 bzw. für den Export auch eine nicht-olive P1-505 P, die fast identisch mit der P1-505 P der Bundeswehr sind, jedoch ist es bei dem Bundeswehrmoped relativ schwer Hintergrundinformationen zu bekommen. Wenn jemand jedoch trotzdem eine TDv oder ähnliches besitzen sollte, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme oder über einen Hinweis im Forum freuen.
Die Bauzeit des Mopeds dürfte in den 70er und (den frühen) 80er Jahren gewesen sein und trotzdem gibt es nach so vielen Jahren immer noch einige interessante Dokumente und Infos zum Moped. Teilweise gab es an der P1-505 P auch spezielle Halterungen und militärische Zeichen, die an den jeweiligen Einsatzzweck angepasst wurden.
Hier also die grundlegenden technischen Daten zum Moped:

Antriebsmaschine

Motor SACHS 504/1 A Ausf. A
Leistung 1,3 kW (1,8 PS) bei 4500/min
Hubraum 47 cm3
Bohrung 38 mm
Hub 42 mm
Verdichtung 8
Getriebe schrägverzahnter Stirnradantrieb
Getriebeschmierung 200 cm3 SACHS-Spezial-Getriebeöl(ATF) bzw. weitere Öle siehe hier
Kupplung 2-Scheiben-Fliehkraftkupplung mit handbetätigter Startkupplung
Motor-Kettenritzel 11 Zähne
Zündung BOSCH-Magnetzünder-Generator
Zündzeitpunkt 2,5...3,0 mm vor o.T.
Unterbrecherkontaktabstand 0,35 +/- 0,05 mm
Zündkerze Bosch W7A (W 175 T1) oder NGK B6HS mit SAE-Anschlussmutter, Elektrodenabstand 0,5 mm
Vergaser BING 85/12/101 A
Vergasereinstellung HD: 52|ND: 2.17|DN: 2|NP: II|Schieber: Nr. 2

Fahrgestell

Rahmen Stahlblech-Profilrahmen
Vorderradfederung Teleskopgabel
Hinterradfederung Schwinge mit Federbeinen
Bremsen, vorn Vollnabenbremse V 905 - 90 mm
Bremsen, hinten Vollnabenbremse H906 - 90 mm
Bereifung 2-17 (21 x 2,00)
Reifen-Luftdruck Vorderrad 2,0 bar (atü), Hinterrad 2,25 bar (atü)
Antriebskette 1 x 12,7 x 4,88 x 100 Glieder
Tretkette 1 x 12,7 x 3,3 x 78 Glieder
Kettenrad an HR-Nabe 38 Zähne
Kraftstoffbehälter Inhalt 4 Liter, davon ca. 0,5 Liter Reserve
Glühlampen Scheinwerfer 6 V - 15 W, dauerabgeblendet|Rücklicht 6 V - 2 W
Leergewicht 42 kg
Zul. Gesamtgewicht 150 kg
Steigfähigkeit 13 %
Norm-Verbrauch 1,5 Liter

Eine technische Besonderheit muss beim BING 85/12/101 Vergaser beachtet werden (bei der P1-505 P wurde sowohl der 85/12/101 als auch der 85/12/101 A verbaut - das "A" steht lediglich für eine zwangsgesteuerte Schwimmernadel mit Viton-Spitze). Bei diesen Vergasern ist in der Nadeldüse ein kleiner Ring, der bei Wartungsarbeiten nicht verloren gehen darf. SACHS schreibt dazu in der Motor-Reparaturanleitung:

Achtung!
Bei den Vergasern BING-Bez. 85/12/101 und 85/12/102 darf bei Demontage der Hauptdüse der lose eingelegte Ring in der Nadeldüse nicht entfernt werden, dadurch würde die Funktion des Motors erheblich gestört.


Welche Funktion dieser Ring genau erfüllt, kann nur vermutet werden. Ich denke, dass er eine Art Mischrohr-Funktionalität hat. Ein Servicemitarbeiter von BING konnte mir diesbezüglich leider auch keine genaueren Informationen liefern. Zur Sicherheit sollte die Warnung von Sachs jedoch beachtet werden.

Bing 85 Nadeldüse mit Ring
Dieser Ring sollte in der Nadeldüse im Vergaser 85/12/101 nicht verloren gehen.

Die gute alte Hercules-Qualität

Nicht umsonst hat vor Jahrzehnten der OberstLt bezüglich der K125 BW verkündet: "...Noch mehr Bauernmotorrad - eben ein Soldatenmotorrad, auf welches man jeden jungen Soldaten setzen kann und welches jedem jungen Soldaten so lange wie möglich standhält - auch denen, die noch nie in ihrem Leben auf einem Einspurfahrzeug gesessen haben." (Zitat aus Soldat und Technik 3/71 | OberstLt Hasso Erb). Meiner Meinung nach trifft dies auch auf die P1-505 P zu. Nach mehreren Jahren der ungewissen Behandlung von verschiedenen Soldaten/Angestellten sind die Mopeds meist noch in einem sehr guten Zustand mit wenigen Kilometern auf dem Tacho. Aber auch wenn die Laufleistungen eher gering sind, kann man nicht genau sagen, ob die Bundeswehr die Mopeds wirklich ordnungsgemäß gewartet und behandelt hat. Einige Personen berichteten mir sogar, dass die Zweitaktmotoren der Bundeswehr später mit Korrosionschutzöl gefahren wurden, da Zweitaktöl Mangelware war. Bei den größeren Brüdern von der P1-505 P soll deswegen auch der ZZP geändert worden sein. Trotzdessen und Dank der guten Qualität und dem Baukastensystem von Hercules / SACHS sind die Mopeds heutzutage immer noch in einem soliden und vor allem fahrbaren Zustand.



Erfahrungen und Eindrücke

Sowohl die DKW P1-505 P als auch die Hercules P1-505 P haben, nach etwas mehr als 10.000 km ohne Defekte, bei mir einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Persönlich würde ich als Zivilist die Hercules-Variante bevorzugen, da hier Chromschutzbleche verwendet wurden (kontraproduktiv für die Tarnung ;-) ) und das Moped dadurch höherwertiger aussieht. Im Prinzip sind die beiden Varianten ansonsten aber identisch.

DKW P1-505 P
Die DKW-Variante ist im Vergleich zur Hercules-Variante durch die lackierten Schutzbleche besser getarnt und hat ein anderes Typschild sowie einen DKW-Dekorsatz.

Die Fahrleistungen können in Anbetracht eine so kleinen Mopeds vollkommen überzeugen. So ist man mit 40 km/h (laut GPS sind zwischen 42 und 48 km/h im originalen Zustand möglich) recht fix unterwegs und auch der Verbrauch ist mit gemessenen 1,8 bis 2,0 Litern auf 100 km recht gut. Der Normverbrauch ist zwar mit 1,5 Litern angegeben, jedoch ist dieser Wert auch im Typblatt nur bei einer Geschwindigkeit von ca. 32 km/h möglich. Wer diese Werte mit denen aktueller Roller vergleicht, wird feststellen, dass die Entwicklungsabteilungen von Herstellern in der VR China und Co. keine verbrauchsarmen Motoren konzipieren können.
Eine Art "Kinderkrankheit" kann es beim Zylinder des SACHS 504/1 A geben. Oft ist bei diesem der Auslassstutzen losgerüttelt (besonders bei Fahrzeugen mit hohen Laufleistungen). Damit kann dann meist während der Beschleunigung ein geringfügiges "Klappern" registriert werden. An dieses Geräusch kann sich der Fahrer aber leicht gewöhnen. Der losgerüttelte Auslassstutzen kann aber so wie er ist belassen werden, da der Motor dadurch nicht schlechter läuft. Sogar im Gegenteil: Modelle mit losgerüttelten Auslassstutzen fahren meist geringfügig (ca. 5 km/h) schneller. Die Schmierung des Motors wird nach meinen Erkenntnissen dadurch auch nicht gestört. Ich würde damit jedem raten, den losgerüttelten Auslassstutzen so zu belassen. Alternativ könnte man den Auspuff auch geringfügig auf Spannung bringen, um das Nebengeräusch zu vermindern, jedoch ist dies nicht im Sinne der Anbauanweisungen von SACHS. Jedenfalls braucht man sich über den Auslassstutzen keine weiteren Gedanken machen.
Durch die Automatik und den geringen Verbrauch ist die P1-505 P auch als Reisemoped bestens zu gebrauchen. Der Antrieb ist meist so eingestellt, dass die Kupplung bis ca. 10 km/h noch nicht wirklich greift, jedoch darüber hinaus vollständig packt. Man kann somit überall gemütlich anfahren und braucht sich nicht auf die Schaltung zu konzentrieren. Und sogar auf Höchstdrehzahl (ca. 5000 Umdrehungen) ist der Motor sehr laufruhig ohne störende Nebengeräusche oder Vibrationen zu verursachen.
Bei der "1000 km Tour" zum Jahrestreffen 2010 konnte ich erfahren, dass das Moped hier bei mir im flachen Ostfriesland besser aufgehoben ist. Denn ab Steigungen von über 10% kann es vorkommen, dass der im Rahmen integrierte und über eine zusätzliche Kette angetriebene Pedalbetrieb zur Unterstützung genutzt werden muss, damit man trotz Vollgas nicht auf der Stelle stehen bleibt. Abgesehen davon hat das Moped nach 30 Jahren nur neue Schmiermittel und eine neue Kette erhalten und in diesem Zustand die Strecke bei jeweils 12 Stunden Dauervollgas ohne Pannen und sonstige Zwischenfälle bewältigt - es ist eben ein echtes Hercules Moped.

Hercules Tour
Ein angenehmer Begleiter auf langen Reisen.

Die Ersatzteilesituation ist gar nicht so schlecht, wie man es denken würde. Vermutlich hat sich die Bundeswehr auch für die P1-505 P entschieden, da die zivile Mopedpalette viele identische Bauteile hat und somit eine längere technische Unterstützung gewährleistet war. Die grundsätzlichen Verschleißteile wie Bremsen, Lager und Kupplungsbeläge sind immer noch neu erhältlich und wurden auch in sehr vielen Mofas/Mopeds seit den 70er Jahren verbaut.

Allerdings sollte man darauf achten, dass man möglichst originale Lagerbestände oder aber gute Nachbauten bekommt. Beim Zylinder / Kolben sieht die Ersatzteilesituation eher schlecht aus, da die Nachbauten meist als minderwertig dargestellt werden bzw. zu stark abgeändert sind, allerdings kann man den Zylinder im wirklichen Bedarfsfall auch günstig "schleifen" lassen. Im Notfall gibt es aber derzeit noch reichlich Lagerware mit entsprechenden Preisen.
Wer also vor der Entscheidung steht, so ein Bundeswehrmoped erwerben zu können, sollte sich meiner Meinung nach zum Kauf entscheiden. So eine Chance ist auch eher selten, da die P1-505 P nicht an jeder Ecke zum Verkauf steht und die VEBEG diese Mopeds nur noch sehr selten versteigert.
Nach dem Kauf ist dann aber in jedem Fall eine Bestandsaufnahme und eine anschließende Wartung die Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Funktion und Langlebigkeit des Mopeds. Auch wenn der Tacho nur wenige hundert km zeigt, ist eine Wartung wie hier beschrieben nötig, da längere Standzeiten auch zu Schäden führen können. Zudem kommen gehäuft Fälle vor, dass z.B. im Kupplungsraum Federn nicht eingehängt wurden oder aber auf der Zündungsseite Unterlegscheiben herumfliegen. Und das alles nachdem das Moped direkt von der Bundeswehr kam.

Hercules Tacho Bundeswehr TechnMat
Es ist keine Seltenheit eine P1-505 P mit geringer Laufleistung zu bekommen.

Meiner Erfahrung nach sollte man aber folgende Tätigkeiten definitiv nach dem Kauf erledigen (wobei die Wartungsanleitung trotzdem durchgeführt werden sollte):

  • Teleskopgabel zerlegen, altes/verharztes Fett gründlich beseitigen und neu fetten
  • Radlager zerlegen, auf Verschleiß prüfen, neu fetten und ggf. nachstellen
  • Tank auf Rost überprüfen, auch ohne Rostbefall gründlich mit Benzin spülen und Benzinhahn reinigen, bei Rostbefall sollte eine Zitronensäure Behandlung (ohne Versiegelung) durchgeführt werden
  • Vergaser auf Originalität und richtige Einstellung prüfen und gründlich reinigen
  • Krafstoffilter ersetzen bzw. reinigen
  • ZK und Kerzenstecker ersetzen
  • Getriebeöl wechseln
  • Simmerringe auf Dichtigkeit prüfen, auf Zündungsseite sollte nach Fahrten kein Öl-Ansatz zu finden sein
  • Kurbelwellenlager auf Funktion testen, indem am Polrad gewackelt wird.
  • Unterbrecherkontaktabstand und ZZP kontrollieren, Schmierfilz fetten
  • Auspuff reinigen
  • Tretwelle abfetten
  • den Lack regelmäßig mit ATLANTIC Radglanz pflegen
  • den Chrom z.B. mit NEVR DULL wieder auf Hochglanz bringen

Sollte zu der P1-505 P nur die "Bescheinigung für den Erwerber eines ausgesonderten Fahrzeugs der Bundeswehr" verfügbar sein, muss wie in dieser Bescheinigung auch beschrieben ist, eine neues Zulassungsdokument erstellt werden. Wer glaubt, dass die Bescheinigung als ABE-Ersatz dient, liegt laut Auskunft bei der Polizei falsch und bekommt in einer Verkehrskontrolle Probleme (auch wenn vielen Polizisten dieser Beleg ausreichen könnte). Eine neue ABE bzw. eine Zweitschrift kann man sowohl beim TÜV als auch direkt von SFM bekommen. Bei SFM gibt es dann für 41€ (Nachnahme) eine Zweitschrift für eine DKW P1-505 P (auch im Falle der Hercules P1-505 P), diese reicht aber absolut aus und man besitzt damit eine ordentliche ABE. Sollte jemand eine Kopie benötigen, kann man mich gerne anschreiben.
Wer seine P1-505 P dann aber in einen perfekten Wartungszustand gebracht hat und die Wartungsintervalle in etwa einhält, fährt dann sehr kostengünstig und hat ein zuverlässiges Moped. Dies liegt natürlich auch daran, dass nur einfachste/robuste Technik und kein elektrischer Schnick-Schnack verbaut wurde. Falls dann doch etwas sein sollte, könnte man den Fehler sogar im Feld mit Bordwerkzeug beheben oder dank des kurzen Motors einfach nach Hause radeln. Aufgrund dieser Tatsachen und Erfahrungen muss ich der P1-505 P meine absolute Empfehlung aussprechen und so gilt auch hier der frühere Werbeslogan "Hercules - Mein Freund fürs Leben".

Hercules Mofa Moped Bundeswehr
"Hercules - Mein Freund fürs Leben" - trifft bei der P1-505 P wahrlich zu.

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Artikel am 05.03.2010 um 16:10 erstellt.